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1. Theil 3 - S. 268

1880 - Stuttgart : Heitz
268 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland. Das Haus Rurik war nach mehr als 700jähriger Dauer 1-598 mit Feodor Jwanowitsch erloschen; ein russischer Edelmann, Boris Godunow, der schon unter Feodor die Regierung geleitet hatte, wurde zum Herrscher erwählt. *) Gegen ihn trat der angeblich *) Wir tragen hie.r eine kurze Uebersicht der Geschichte des russischen Reiches unter dem Hause Rurik nach. Slavische und finnische Völkerschaften von der Ostküste des baltischen Meeres zur oberen Wolga hin hatten 862 eine Normannenschaar, die Waräger, als ihre Herren in das Land gerufen, um dadurch die Beendigung innerer Zerwürfnisse herbeizuführen. Die Waräger, für welche hier der Name Russen aufkam, erschienen unter der Führung von drei Brüdern, Rurik, Sineus und Truwor. Rurik wurde nach dem Tode seiner Brüder der einzige Gebieter des neugestifteten Reiches'; er hatte seinen Herschersitz in Nowgorod am Jlmensee aufgeschlagen. Sein Nachfolger machte Kiew zur Residenz. Siegreiche Kriege erweiterten das Reich nach Osten und Süden; mit kühnen Seefahrten über das schwarze Meer und in den Bosporus bis vor die Mauern von Constantinopel wurde das oströmische Reich geschreckt und gebrandschatzt. Der Enkel Ruriks, Swätoslaw, überschritt mit Heeresmacht die Donau und drang bis Adrianopel vor. Wladimir der Große, 980—1015 vermählte sich mit der griechischen Prinzessin Anna, einer Schwester der Theophania, welche die Gemahlin des deutschen Kaisers Otto Ii. war; er nahm das Christenthum an und führte dasselbe auch in seinem Volke ein, 984. Es geschah dies im Anschluß an die griechische, nicht an die römische Kirche, ein Umstand, welcher viel dazu beitrug, daß Rußland den abendländischen Völkern so lange sremd blieb. Sein großes Verdienst, christlicher Gesittung in Rußland Eingang verschafft zu haben, schmälerte er unabsichtlich dadurch, daß er bei seinem Tode das Reich unter seine Söhne theilte, deren einer, der Großfürst von Kiew, die Oberherrlichkeit verwalten und den Zusammenhang der Theile erhalten sollte. Bruderkriege, Parteiungen und die Einmischung der Nachbarn, besonders der Polen, waren jahrhundertelang die verderblichen Folgen dieser Theilungen; das Volk litt unter den räuberischen Einfällen der Grenzvölker, die Macht des Reiches verfiel/ Während dieser traurigen Zeiten wurde um 1150 Moskau gegründet. Kiew verlor an Bedeutung, und die Stadt Wladimir kam als Fürstensitz ansehnlich empor, doch auch nur vorübergehend; Nowgorod aber als eine fast selbständige Handelsrepublik und im Besitz eines weiten Gebietes erlangte große Macht und war eines der bedeutendsten Mitglieder der Hansa. Als 1287 die verwüstenden Schwärme der Mongolen aus Asien hereinbrachen fehlte in Rußland die Kraft, sich der wilden Feinde zu erwehren. Die goldene Horde der Mongolen gründete in den Gebieten der unteren Wolga das Reich von Kaptschak und hielt die russischen Fürsten und Großfürsten über 200 Jahre lang in Tributpflicht. Noch in der ersten Zeit dieser mongolischen Herrschaft erwarb sich der Großfürst Alexander Newsky, 1252—1263, durch einen Sieg an der Newa über die Schweden einen gefeierten Namen. Sein Enkel, Johann Kalita 1328—1340, begann mit Klugheit und Ausdauer die Kraft des Reiches wieder zu heben. Moskau wurde Hauptstadt, und auch der Sitz des Metropoliten wurde von Kiew hierher verlegt. Wenn auch der erste Versuch, das Mongolenjoch abzuschütteln, trotz eines großen Sieges über dieselben am Don 1380

2. Theil 3 - S. 231

1880 - Stuttgart : Heitz
Bitten jener Zeit. 231 nur abgebrannt und ausgeplündert, sondern von manchen war jede Spur ganz verschwunden. Es gab Gegenden, wo meilenweit kein Haus, kein Mensch zu sehen war. Von vielen Familien waren alle Glieder ausgestorben; der Vermögenszustand war bei den Menschen ganz zerrüttet und — was das Schlimmste war — die Sittlichkeit war äußerst verdorben worden. In der Entwickelung des Anbaues und der Gewerbe, in Handel und Verkehr ist Deutschland in Folge dieses furchtbaren Krieges sehr lange Zeit hinter andern Nationen zurückgeblieben. Oft hört man die gute alte Zeit rühmen, und über unsere so verdorbene Zeit klagen. Daran thut man Unrecht, und mit rührender Freude lernt man ans der Geschichte, daß die Menschheit mehr im Fortschreiten begriffen ist. Auch der Luxus war in früheren Zeiten oft noch ärger als in den unsrigen, nur daß er jetzt mit bessern: Geschmack verbunden ist. Einige Beispiele werden dies beweisen. In einer Kleiderordnung aus Regensburg aus dem Jahre 1485 heißt es: „Die Mannspersonen sollen nicht längere Spitzen an den Schuhen tragen, als zwei Fingersglieder lang." Dann kommen auch die ausgeschnittenen Koller und Halstücher der Frauen vor, die sie in kurzer Zeit „ganz über alle Maßen ausgebracht hätten," und wird ihnen das Ausschneiden vorn bis zwei Querfinger über dem Halsgrüblein und hinten vom Halsknöchlein vier Zoll herab untersagt. Töchter, so lange' sie nicht verheirathet find, dürfen gar keine Ringe tragen. Keine sollte über acht Röcke haben, gute und böse, und zu ihren geflügelten Röcken dürfen nur drei Paar Aermel, von Sammet, Damascat oder anderer Seide gehören. Ein Perlenrock, oder sammetne und gestickte Mäntel oder Koller mußten versteuert werden, und doch durste keine sie auf dem Gebiete der Stadt tragen. Aber auch im 16.. und 17. Jahrhunderte wurde mit Kleidern viel Unsinn getrieben. „Der Kleidung und des Geschmucks," klagt ein Schriftsteller aus der Zeit Karls V.', „ist kein Maß, zu aller Leichtfertigkeit zugerichtet, daß man vor Fürwitz schier nicht mehr weiß, was man anthun, oder wie man reden, gehen oder einher-treten soll. Alle Tage steht ein neuer Fund aus." Nicht nur Frauen und Jungfrauen vorn Stande, sondern auch Bürgerfrauen trugen sich zu Anfange des 17. Jahrhunderts auf italienische und burgundische Art, mit lang entblößtem Halse, und die meisten vom Adel, wozu sich auch die Doctorfrouen rechneten, hatten sich die

3. Theil 3 - S. 24

1880 - Stuttgart : Heitz
24 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. er schnell das Tintenfaß und warf es nach dem Bilde seiner Phantasie, das natürlich augenblicklich verschwand. Mag nun das Histörchen wahr sein ober nicht, — den Tintenfleck zeigt man noch. Indessen hatte die Reformation in Deutschland, am meisten in Sachsen, große Fortschritte gemacht. Schon in demselben Jahre (1521) wagte ein sächsischer Pfarrer sich zu verheiraten. Viele Mönche sogar traten zu Luthers Lehre über und sagten sich von der Herrschaft des Papstes los. Die Augustiner in Wittenberg gaben dazu das Signal. Die jüngeren Mönche vereinigten sich, die Messe in ihrem Kloster abzuschaffen; sie erklärten ihre Ordensgelübde sür aufgehoben und traten zum Theil in die Welt zurück. Zwar widersprachen der Prior und einige ältere Mönche; aber sie wurden von jenen überstimmt. Auch behaupteten sie mit Recht, es sei unrecht, daß sich der Orden von Betteln ernähre, da die heilige Schrift befehle, daß jeder sich von seiner Hände Arbeit nähren sollte. Ihrem Beispiele folgten auch andere Geistliche und meinten, der Gottesdienst müsse von den vielen in die römische Kirche eingeführten Mißbräuchen gereinigt werden. Jetzt wurden schnell viele Neuerungen vorgenommen: die Messe wurde in deutscher Sprache gehalten, die Hostie nicht mehr emporgehoben und angebetet und das Abendmahl jedem, der es wünschte, in beiderlei Gestalt, wie es Jesus vorgeschrieben, gereicht. Endlich schaffte man die Messe ganz ab. Dagegen ließ sich nichts sagen.. Aber da nichts so schwer ist, als die goldene Mittelstraße zu halten, so übertrieben viele die Sache, beleidigten katholische Priester, stürmten die Kirchen, warfen Bilder und Altäre heraus und trieben andern häßlichen Unfug. An der Spitze dieser Bilderstürmer stand der sonst gutdenkende, aber unüberlegte Andreas Boden st ein, genannt Karl stadt, Professor in Wittenberg. Das erfuhr Luther und wurde entsetzlich böse; denn er fürchtete mit Recht, daß nun alle Welt sagen würde: „Da sieht man, was die neue Lehre anrichtet!" Nun war kein Haltens mehr. Ohne erst den Kurfürsten zu fragen, reiste er auf der Stelle nach Wittenberg und predigte acht Tage hintereinander gegen die Unruhen der Bilderstürmer mit solcher Kraft, daß Ruhe und Ordnung zurückkehrten. Luther blieb nun fortwährend in Wittenberg und wirkte rüstig für die Ausbreitung der Reformation. Wollte er sich von der Arbeit erholen, so drechselte er oder arbeitete in seinem Gärtchen. Im Jahre 1524 legte er das Mönchskleid ab und kleidete sich weltlich. Daß er einen schwarzen Anzug wählte und daß dieser daher das

4. Theil 3 - S. 32

1880 - Stuttgart : Heitz
32 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. 87. Fortgang der Reformation. — Ungarische und türkische Verhältnisse. — Luthers Tod, 1546. Dadurch wurde die Reformation unstreitig sehr begünstigt, daß Kaiser Karl V. sich nur selten einmal in Deutschland sehen ließ, und daß ihn überhaupt viele andere Dinge beschäftigten, die ihm weit mehr am Herzen lagen, als die religiösen Zänkereien der Deutschen. Seitdem er mit Franz I. von Frankreich, einem jungen ritterlichen Könige, zugleich auf der Wahl gewesen war, hatte eine unvertilgbare Feindschaft zwischen beiden Fürsten gewaltet. Franz konnte es Karin nie vergeben, daß dieser ihm vorgezogen war; auch stritten sie über den Besitz von Mailand; und so haben beide vier erbitterte Kriege gegeneinander geführt. Diese und andere Kriege hielten Karin viel aus Deutschland entfernt, und nie hat daher dieser sonst so große Kaiser den Charakter der Deutschen recht kennen gelernt. Nur wenn einmal der Streit in Deutschland zu arg wurde oder er Geld brauchte, schrieb er einen Reichstag ans. So ließ er 1529 einen Reichstag in Speier halten, wo gleich wieder der Religionsstreit zwischen Katholiken und Evangelischen vorgenommen wurde. Nach langem Hin- und Widerreden bewilligten die Katholischen, daß die Evangelischen nur unter der Bedingung fürs erste freie Religionsübung behalten sollten, daß sie die Messe beibehielten und überhaupt alle Neuerungen unterließen. Das wollten sich aber die Evangelischen nicht gefallen lassen und reichten dagegen eine Protestation eim Das ist es, wovon sie den Namen Protestanten erhielten. Nicht allein die Religionsstreitigkeiten beunruhigten damals Deutschland. Die Türken begnügten sich nicht mit dem Besitze des griechischen Kaiserthums, sondern suchten weiter nach Westen vorzudringen und setzten ganz Europa in Schrecken, besonders seitdem 1520 ein sehr kriegerischer und kräftiger Sultan, Sulei-man Ii. der Prächtige, den Thron bestiegen hatte. Zuerst warf er sich auf die Insel Rhodus, die damals (1522) der Sitz des Johanniter - Ritterordens war. Großmeister desselben war der alte Philipp Villiers de l'jsle Adam, einer der wüthigsten Männer, welche die Geschichte kennt. Obgleich auf seine Bitte um Hülfe keiner der abendländischen Fürsten ihm Unterstützung schickte, war er doch entschlossen, mit seinen 600 Rittern und 6000 andern Kriegern den Angriff auszuhalten. Es landeten 200,000

5. Theil 3 - S. 136

1880 - Stuttgart : Heitz
136 Neue Geschichte. 1. Periode. Deutschland. dem Wege zu räumen; ja, man munkelte selbst, daß Maria von Medicis darum gewußt habe. — Heinrich war erst 56 Jahre alt, als er seinen weitsichtigen Plänen durch den Tod entrissen ward. Doch hat er den Grund gelegt zu der wohl eingerichteten, alle ihre Kräfte auf einen Mittelpunkt hinleitenden Monarchie, welche Frankreich von da ab auf lange Zeit das Uebergewicht in Europa verschaffte. Er war der Erste, welcher die Idee faßte; durch Herstellung eines Gleichgewichts der Mächte den Frieden Europas dauernd herzustellen und so das Ideal eines wahrhaft christlichen Kaiserthums zu verwirklichen. Heinrich Iv. war, wie gesagt, aus der Familie der Bourbons, zu welcher bis zur ersten Revolution alle ihm nachfolgende Könige gehört haben. Sein nächster Nachfolger war jener Ludwig Xiii. (1610—43), über dessen Geburt sich Heinrich so gefreut hatte. Aber der Geist seines Vaters ruhte nicht auf ihm. Er war ein persönlich unbedeutender König, der seinen klugen Minister, den Cardinal Richelieu, ganz regieren ließ, so daß eigentlich dieser, nicht der König, als der Beherrscher Frankreichs zu betrachten war. 96. Die Kaiser Ferdinand I., Maximilian Ii. und Rudolph Iii. Ferdinand I., der nach seines Bruders Karls V. Niederlegung der Krone deutscher Kaiser wurde, regierte von 1556—64 lobens-würdig. Den großen Geist seines Bruders hatte er zwar nicht, dasür war er aber milder, gütiger und duldsamer, und dieser Sinn war allerdings der Ausbreitung der evangelischen Lehre sehr förderlich. Er machte ihm um so mehr Ehre, als er im Herzen ein sehr eifriger Katholik war und die Lehre der römischen Kirche für die wahre christliche Religion hielt. Auch in seinen Erblanden fand die evangelische Lehre immer mehr Eingang; selbst die Geistlichen, die wegen der schlechten Bildungsanstalten, die sie im Oestreichischen fanden, zum Theil in Wittenberg ftubirt hotten, suchten sie möglichst auszubreiten. Aber gegen keinen Andersdenkenden erlaubte sich Ferdinand eine Härte; nur durch freundliches Zureden suchte er sie zu bewegen, zur alten Kirche zurückzukehren, und behaupteten sie, daß ihr Gewissen es ihnen verbiete, so ließ er sie gewähren. Gern hätte er den Papst bewogen, den Abendmahlskelch und die Priesterehe zu gestatten; aber nur das erstere konnte er erlangen, und selbst dies wurde bald wieder

6. Theil 3 - S. 267

1880 - Stuttgart : Heitz
Peter der Große. 267 Kaiser 1705 und machte seinem Sohne Joseph I. Platz. Dieser war einsichtsvoll und wohldenkend, und hätte gewiß für Deutschland mehr gethan, hätte ihn nicht der spanische Erbfolgekrieg so sehr beschäftigt. Er hat dessen Ende nicht erlebt; denn er starb schon 1711, erst 33 Jahre alt. Da er keine Söhne hatte, so folgte ihm sein Bruder Karl Vi., der jenem Kriege im Frieden von Rastatt 1714 ein Ende machte. Den Geist Josephs I. besaß er zwar nicht, aber er hat für seine Erbländer recht treu gesorgt und den durch die vielen Kriege zerrütteten Wohlstand wieder zu heben gesucht. Nur für Deutschland hat er so gut wie nichts gethan. Er hat bis 1740 regiert. Von seiner Tochter und Nachfolgerin, Maria Theresia, wird unten mehr die Rede sein. 105. Peters des Großen Jugendjahre und erste Regierungszeit. Vor der glorreichen Regierung Peters des Großen war das russische Reich wenig zu den europäischen Ländern gerechnet worden. Kaum wußte man in Europa von dem Volke der Russen oder den Moskowitern; selten einmal hatte ein europäischer Fürst eine Gesandtschaft nach Kiew oder Moskau geschickt. Erst seit dem Einbruch der Türken in Europa hatte man hier angefangen, an eine Mitwirkung der Russen bei den Kämpfen gegen den Halbmond zu denken. In Sprache und Sitten, Kleidung und Lebensweise, in Staatsverwaltung und Religion hielten sich die Russen von den Culturzustäuden der europäischen Völker getrennt; nur im Kriegswesen war unter den letzten Vorgängern Peters eine Annäherung an europäische Einrichtungen versucht worden. Da trat in den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts Czar Peter mit den großen Entschlüssen auf, die Macht Rußlands bis an das schwarze Meer und die Ostsee auszudehnen, den Anschluß seines Reiches an die europäischen Staaten einzuleiten und sein Volk der europäischen Bildung zugänglich zu machen. Wenn auch damit zunächst nur eine äußerliche Veränderung erreicht wurde und wenn auch die frühere Roheit nicht sogleich verschwand, so hat doch Czar Peter bewirkt, daß seit ihm die Russen unter die europäischen Völker eingetreten sind. Er verdient daher gleich Karl dem Großen, gleich Alfred von England einen Platz in der Reihe der culturbringenden Fürsten, deren sich die Vorsehung bedient, um den Grund zur Entwickelung und zum Emporsteigen ganzer Völker zu legen.

7. Theil 4 - S. 119

1880 - Stuttgart : Heitz
Zweite H^evioöe. Port der Stiftung der heiligen Allianz bis zur Februar-Revolution X8x5—1(848. 126. Der heilige Bund. — Deutschland und Europa bis zum Congreß von Verona, 1823. 30jährigen Kriege, besonders in den letzten Jahrzehnten vor und nach der französischen Revolution schien es offenbar geworden zu sein, daß der Geist der nur auf den Vortheil berechneten Staats-kuust bei den Cabinetten, sowie bei den Völkern der Geist religiöser Indifferenz und eines leichtsinnigen Aufgebens alter Sitten mehr als einzelne Umstände und zufällige Thaten an den großen allgemeinen Unglücksfällen schuld gewesen seien. Die drei Herrscher, deren Bimdniß endlich den Folgen der Revolution Halt geboten und einen sichern Rechtszustand in Europa äußerlich hergestellt hatte, wollten sich mit diesem Ergebniß ihrer Thätigkeit nicht begnügen, sondern sie wünschten, die ganze künftige Entwickelung des europäischen Staatenlebens auf einer bessern, sittlichen Grundlage zu befestigen, und schlossen zu diesem Zweck den heiligen Bund. Derselbe sollte an die Stelle der bisherigen, nur auf Weltklugheit und Berechnung des Vortheils begründeten Politik eine christliche treten lassen, indem die Vorschriften der Gerechtigkeit, der Liebe, des Friedens sowohl der Verwaltung der Staaten im Innern, als auch der Leitung ihrer gemeinschaftlichen Angelegenheiten zu Grunde liegen sollten. Die Fürsten verpflichteten sich untereinander, die höchsten und heiligsten Zwecke der Völker und Regierungen immer zur Richtschnur ihrer Handlungen zu machen. Sie gelobten ^urch die Geschichte der europäischen Staaten nach dem

8. Theil 4 - S. 246

1880 - Stuttgart : Heitz
246 Neueste Geschichte. 2. Periode. Frankreich. Kaiserpaares nach Italien und im Mai 1857 nach Ungarn verallgemeinert. Dieselben kirchlichen Tendenzen, welche wir am Schluß des 140. Abschnittes zu bemerken hatten, traten in Oestreich, wo die römische Kirche längst die bevorrechtete war, um so energischer hervor, jemehr die Regierung in ihrer Begünstigung eine Grundsäule ihrer eigenen Sicherung zu finden meinte. Es wurden Verhandlungen zum Abschlüsse eines Concordats eingeleitet und am 18. August 1855 wurde dasselbe abgeschlossen. Die kirchliche Partei begrüßte es mit überschwänglichem Jubel, während es bei einem großen Theile der Bevölkerung, nicht bloß der katholischen, mannigfache Besorgnisse erweckte. Der Kirche war durch das Coneordat eine fast unbedingte Machtfülle eingeräumt; sie erhielt die Herrschaft über die Schule, also über die Volkserziehung; der umfassendste Einfluß auf das bürgerliche und öffentliche Leben war ihr bewilligt. Die bei der Ausführung des Concordats sich ergebenden Schwierigkeiten und Differenzen sollten durch eine im Jahre 1856 in Wien abgehaltene Conserenz von Bischöfen ausgeglichen und Vorschriften über die Ausführung aufgestellt werden. Eine höchst bedeutsame Stellung nahm Oestreich in der inzwischen aus-die Tagesordnung gebrachten orientalischen Frage ein, welche wir indeß unten in einem besondern Abschnitt behandeln. 142. Frankreich unter Ludwig Napoleon; Rußland und England. In keinem Lande Europas hatte die Revolution des Jahres 1848 eine so tiefe Zerrüttung hervorgebracht, wie in Frankreich; kein Volk war so schnell von seiner vermeintlichen Höhe der Civilisation und Nationalehre zu einer so tiefen Erniedrigung und Entwürdigung herab gesunken. Frankreich war im Februar 1848 durch den kühnen Handstreich eines demokratischen Haufens plötzlich in eine Republik verwandelt worden, und durch die demokratische Herrschaft weniger Monate wurde das Land so zerrüttet, entkräftet und besonders so demoralisirt, daß es sich nicht so bald aus dieser Ohnmacht wieder zu erheben und die freie Selbstbestimmung wieder zu gewinnen vermochte. Die gemeinsame Gefahr vereinigte aber alle besseren Kräfte zu einer sogenannten großen Ordnungspartei, welche allen Umsturzbestrebungen der Demokratie und allen offenen Schilderhebungen der „rothen Republik" mit Energie entgegentrat.

9. Theil 4 - S. 275

1880 - Stuttgart : Heitz
Unruhen in China. 275 es gelang der eifrigen Vermittelung, welcher freilich die großmüthigste Gesinnung des Königs von Preußen entgegenkam, noch am Vorabend des Kampfes eine diplomatische Behandlung der ganzen Angelegenheit in Gang zu bringen. Der König nahm die Vermittelung des französischeti Kaisers an. Die Schweiz willigte ein, die Septembergefangenen bedingungslos frei zu lassen, und in Paris trat. eine Konferenz zusammen, welche nach mancherlei Vorschlägen und Gegenvorschlägen ant 26. Mai 1857 einen Vertrag zu Stande brachte, in welchem der König von Preußen für immer auf feine ©ouverainetätsrechte über Neuenburg verzichtete und nur den Titel eines Fürsten von Neuenburg und Grafen von Valengin behielt. Die Schweiz übernahm alle durch den Septemberaufstand verursachten Kosten, willigte in eine vollständige Amnestie und verpflichtete sich, die im Jahre 1848 mit dem Staate verschmolzenen Stiftungen und Kirchengüter ihrer ursprünglichen Bestimmung niemals zu entziehen. Die von der Schweiz zu zahlende Geldentschädigung von 2 Millionen Francs wies der König zurück. 147. Asien. Ehe wir in unserer Erzählung fortfahren, haben wir noch einen Blick auf die außereuropäischen Reiche zu richten und beginnen mit Asien, der alten Culturstätte der Menschheit, wo wir die Wiege unseres Geschlechts zu suchen haben, von wo aus die Bildung ihren Ausgang nahm und wohin sie zurück zu kehren strebt. — Wir haben bereits oben erwähnt, daß zwei europäische Mächte um die Herrschaft über Asien streiten: Rußland und England; obwohl auch Frankreich, Holland und andere Staaten dort noch Kolonien haben, welche aber von zu geringem Umfange sind, als daß deren Besitz einer großen Machtsphäre zur Grundlage dienen könnte. Beide Staaten, Rußland und England, sind in beständigem Fortschreiten begriffen und der Druck, welchen sie in Folge dessen auf die Nachbarstaaten üben, reißt auch diese in die Bewe^ gung hinein, welche sonst in der Agonie, in die sie seit vielen Jahrhunderten verfallen sind, zu Grunde gehen müßten. Indeß hat China, das große „Reich der Mitte", eine eigen ^ thümliche Bewegung aus sich selbst erzeugt/ welche, da sie nothwendig umgestaltend auf diesen alten, aber in absoluter Starrheit

10. Theil 4 - S. 276

1880 - Stuttgart : Heitz
276 Neueste Geschichte. 3. Periode. verknöcherten Cullurstaat wirken muß, unsere Aufmerksamkeit fesseln darf. Durch geheime Gesellschaften genährt, kam dort eine Revolution zum Ausbruch, welche sich gegen die eingedrungene Mandschn-Dynastie richtete und in kurzer Zeit einen großen Theil des Reichs dem Gegenkaiser unterwarf. Hong-tsin-tsiuen, 1813 als Sohn eines armen Bauern geboren, brachte diese Bewegung in Fluß, indem er als Prophet und politischer Regenerator zugleich auftrat. Er predigte eine Art christlichen Systems, indem er Christus seinen älteren Bruder nannte, und taufte sich selbst. Ein Pinsel*) in der Form eines Kreuzes wurde das Symbol der neuen Religion und der Zopf, das Kennzeichen der Mandschns, der den besiegten Chinesen nur aufgezwungen worden war, wurde abgeschafft und langes Haar, so wie der vorn offene Talar als Kennzeichen der Insurgenten eingeführt. Was ursprünglich nur eine religiöse Secte war, ward bald durch Zutritt mißvergnügter Elemente eine Rebellion. Diesen Charakter gewann die Bewegung vom I. 1850 an, als sie sich über die ganze Provinz Kwangsi ausbreitete, von da nach Herai überging und sich in nordwestlicher Richtung fortsetzte. Die Insurgenten nannten sich indeß Taipings (Männer des Friedens), um durch diese Bezeichnung Anhänger zu gewinnen, und ihr Führer gab sich den Namen Tien-te, d. H. himmlische Tugend. Die Erhebung charakterisirte sich jetzt als eine nationale, gegen die Herrschaft der Mandschu's gerichtet, und Tien-te gab sich daher auch für einen Abkömmling der einheimischen Ming-Dynastie aus. Die Fortschritte der Rebellion wurden bald im höchsten Grade beunruhigend für den Hof von Peking. Bald war der ganze Süden und selbst die Mitte des chinesischen Reichs in den Händen der Rebellen. Am 8. März 1853 erschienen sie vor den Mauern Nankings, und erstürmten die große Stadt beim ersten Sturmangriff, wobei an 25,000 Menschen gefallen sein sollen. (Eins der sogenannten Weltwunder, der „Porzellanthurm", wurde zerstört, weil derselbe dem Buddha geweiht war.) Tien-te, welcher am 31. März seinen Triumpheinzug hielt, *) Die Chinesen bedienen sich des Pinsels statt der Feder zum schreiben, daher der Pinsel überhaupt die Schrift, Gelehrsamkeit und Weisheit bedeutet. Die Akademie der Wissenschaften in Peking heißt: Pinselwald.
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